Initiative gegen Kirchen-Privilegien
Von christlichen Schutzmächten, seltsamen Danksagungen und Gebeten. Der Webspiegel vom 10.03.2014.
„Ich kann das Wort ,christliche Werte’ nicht mehr ertragen“
Uta Ranke-Heinemann im Vice-Interview. Die deutsche Ausgabe des Vice Magazine hat sich mit Uta Ranke-Heinemann zum Interview getroffen. Für alle, die auf der Leitung stehen: das ist jene deutsche Theologin, die gemeinsam mit dem späteren Kardinal und Papst Joseph Ratzinger studiert hat, und später die erste weibliche Theologieprofessorin wurde. 1987 wurde ihr von der Kirche die Lehrbefugnis entzogen – denn sie hatte es gewagt die Jungfrauengeburt zu bezweifeln. Im Interview spricht die streitbare Tochter eines ehemaligen Deutschen Bundespräsidenten und Vorsitzenden des Rats der Evangelischen Kirche – ja, sie ist tatsächlich konvertiert – über die katholische Sexualmoral, den ehemaligen Papst Benedikt und ihr siebenfaches, negatives Glaubensbekenntnis.
Akademische Danksagungen an Gott? Nee, hoor!
Niederländische Uni lehnt eine Doktorarbeit mit Danksagung an Gott den Allmächtigen ab. „Gott Allmächtiger, ich danke Dir, es ist das Schönste, von Dir geliebt und geachtet zu werden.“ Dieses schwülstige Glaubensbekenntnis stellte der niederländische Doktorand Jerke de Vries seiner Promotionsschrift voran. Die Professoren der Universiteit Wageningen fanden das unpassend und lehnten die Dissertation ab. Religiöse und politische Äußerungen hätten in einer Doktorarbeit nichts verloren, hieß es zur Begründung. Der Agrarwissenschaftler de Vries konnte der Begründung freilich nicht allzu viel abgewinnen und wies darauf hin, dass so mancher Doktorand schließlich auch seiner Stammkneipe oder dem Lieblings-Fußballverein eine Danksagung zukommen lassen würde. Mag sein. Wissenschaft und Gottesbezug allerdings sind immer nur schwierig miteinander vereinbar. Das sollte nicht nur in den Niederlanden, sondern auch in Österreich und sogar im Herz-Jesu-Land gelten.
Ein Kardinal doziert im Rathaus über das Beten
Im Rahmen der Wiener Vorlesungen darf der Herr Erzbischof nun auch im Rathaus predigen – bzw. eine Vorlesung halten. Der Wiener Papst Kardinal Christoph Schönborn hat am kommenden Mittwoch wieder einmal einen eher weltlichen Termin. Das Oberhaupt der Erzdiözese darf im Rathaus eine Vorlesung zum Thema „Beten als Lebensvollzug. Ein universales religiöses Phänomen“ halten, auf Geheiß der Stadt Wien. Die Kulturabteilung MA7 lädt zu der Veranstaltung, bei der es offenbar nicht ausschließlich um katholisches Gebet gehen soll. Das Ganze findet statt im Rahmen der Wiener Vorlesungen. Dazu heisst es: „Die Wiener Vorlesungen laden wichtige Persönlichkeiten des intellektuellen Lebens in die Festsäle des Rathauses, um Analysen und Befunde zu den großen aktuellen Problemen der Welt vorzulegen. Seit 2. April 1987 sind die Wiener Vorlesungen das Dialogforum der Stadt Wien.“ Die Kulturabteilung der Stadt Wien hat als „Beten als Lebensvollzug“ als eines der großen und aktuellen Probleme der Welt identifiziert – wieso dann einen Pfarrer darüber sprechen lassen?
Zur Veranstaltung auf wien.gv.at
Neues aus dem Fundi-Stadl
Ewald Stadler fordert EU als „Schutzmacht für verfolgte Christen“. Eigentlich, sind wir ja der Ansicht, dass man nicht auf jeden Schmarrn eingehen sollte, der von fundamentalen Religiösen verbreitet wird. Wenn allerdings ein mehr oder weniger Prominenter Politiker öffentlich fordert, die Europäische Union zur „Schutzmacht für verfolgte Christen“ zu machen, dann ist uns das eine Notiz wert. Denn schließlich geht es hier um die offene Forderung, Christentum und Staatlichkeit – bzw. in diesem Suprastaatlichkeit – miteinander zu verbinden. In allzu großer Tiefe soll hier trotzdem nicht auf die Einlassungen jenes mehr oder weniger prominenten Politikers eingegangen werden. Soviel sei aber gesagt: selbiger fordert gleichzeitig auch die Abschaffung des Europäischen Parlaments. In einer Ritterrüstung wurde er jedoch noch nicht gesichtet.