Wien, 25.4.2012, kurier.at
Vertrauliche Gespräche eines Missbrauchsopfers mit Psychologen der Klasnic-Kommission sollen an die Kirche weitergegeben worden sein.
Datenleck oder breiter Datenmissbrauch? Diese Frage stellt sich Herbert Loitsch. Der Niederösterreicher ist ein von der Kirche anerkanntes Missbrauchsopfer.
Im Sommer 2011 holte sich Loitsch im Erzbischöflichen Palais in der Wiener Innenstadt von der Stiftung Opferschutz 10.000 Euro Schmerzensgeld ab. Diese Summe war ihm nach ersten Clearing-Gesprächen von der unabhängigen Klasnic-Kommission zugesprochen worden.
Er nutzte die Gelegenheit und stellte eine Datenanfrage: „Ich wollte wissen, wer aller von den brutalen Übergriffen wusste. Die Klasnic-Kommission garantierte ja, sensible Daten, wie etwa Details über den Missbrauch, nicht weiterzuleiten.“ In einem Online-Video spricht Loitsch über seine Erfahrungen im Internat der Salvatorianerinnen in Wien.
Umso geschockter war der 61-Jährige, als ihm die Antwort zur Datenanfrage mittels eingeschriebenem Brief zugestellt wurde: „Sogar vertrauliche Gespräche mit der Therapeutin sind da abzufragen. Ich fasse es nicht. Das sind intimste Details, die hier von der Kirche in Zusammenhang mit dem Missbrauchsskandal gespeichert wurden.“
Unzulässig
Hans Zeger von der ARGE-Datenschutz sieht das ähnlich: „Daten dieser Sensibilität dürfen nur unter bestimmten Voraussetzungen weitergegeben werden. Die Übermittlung von Gesundheitsdaten an nicht facheinschlägige Dritte ist unzulässig.“
Der Sprecher der Klasnic-Kommission, Herwig Hösele, versucht zu kalmieren: „Das Schreiben besagt nur, dass heikle Daten existieren. Es fehlt allerdings eine Differenzierung, welche Daten in der Klasnic-Kommission geblieben sind, welche Infos der Stiftung Opferschutz übergeben wurden und welche an die katholische Datenschutzkommission gingen. Infos aus den Clearing-Verfahren wurden von uns nicht weitergegeben.“ Der Umgang mit Daten von Missbrauchsopfern im kirchlichen Bereich sei „korrekt“.
Darauf hat auch der Vorsitzende der kirchlichen Datenschutzkommission, Walter Hagel, am Mittwoch hingewiesen. Es würden keinerlei „Dateninhalte“ seitens der Unabhängigen Opferschutzanwaltschaft an die Datenschutzkommission weitergegeben, betonte Hagel im Gespräch mit der Agentur „Kathpress“. „Dadurch, dass keinerlei Dateninhalte weitergegeben wurden, ist nicht nur keine Verletzung des Datenschutzgeheimnisses geschehen, sondern eine solche Verletzung ist auch undenkbar“, so Hagel. Denn auch umgekehrt sei eine Weitergabe von „Dateninhalten“ nicht möglich.
Der Sprecher der Plattform Betroffener kirchlicher Gewalt, Sepp Rothwangl, zeigt sich dennoch empört: „Die Kirche setzt sich über die geltende Rechtslage hinweg.“ Er forderte alle Betroffenen auf, eine Datenanfrage an die Klasnic-Kommission zu richten.