religion.orf.at, 5.4.2013
Mit der neuen Website www.pro-religion.at positionieren die 14 gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften in Österreich erstmals gemeinsam im Internet.
Unmittelbarer Anlass für die Seite ist das „Volksbegehren gegen Kirchenprivilegien“, von dem die Religionsgemeinschaften gleichermaßen betroffen sind. Mit dieser Internet-Initiative konkretisiert sich eine intensivierte Zusammenarbeit, die mit der Gründung der „Plattform der Kirchen und Religionsgesellschaften“ im Mai 2012 begann.
Weil Religion „nicht etwa Vertröstung auf ein Jenseits, sondern die Befähigung zum Leben im Hier und Jetzt“ meint, leisteten Kirchen und Religionsgemeinschaften immer auch einen konkreten Beitrag für das Gemeinwohl, so die Website. Dieser Beitrag werde besonders deutlich, wenn es um Spiritualität, Soziales, Bildung, Kultur und Werte geht.
Religionsrechtler gegen Begriff „Privilegien“
Aus aktuellem Anlass findet sich auf der Seite eine Stellungnahme des Religionsrechtlers Richard Potz von der Wiener Juristischen Fakultät. Darin diagnostiziert Potz für Österreich ein System der „institutionellen Trennung von Staat und Kirche“, das gleichzeitig einen „rechtlichen Rahmen für die Kooperation mit den Religionsgemeinschaften“ bereitstellt.
Kritisch äußert sich Potz zu den sogenannten Privilegien der Kirchen und Religionsgesellschaften. Dieser Begriff sei „irreführend“. Zudem enthielten die Forderungen des Volksbegehrens „überwiegende unrichtige Feststellungen“, die vom Rechtsexperten in der Folge behandelt werden.
Von altkatholisch bis syrisch-orthodox
Bereits auf der Startseite stellen sich die 14 anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften mit einer Beschreibung und entsprechenden Weblinks selbst vor. Von der ältesten, der katholischen Kirche, die als ehemalige Staatsreligion über eine sogenannte „historische Anerkennung“ bis zur jüngsten, Jehovas Zeugen, die 2009 per Verordnung als Religionsgemeinschaft in Österreich anerkannt wurden.
Debatte: Wie privat ist Religion?
Weiters in Österreich anerkannt sind die altkatholische Kirche, die armenisch-apostolische Kirche, die evangelische Kirche A. u. H.B., die evangelisch-methodistische Kirche, die israelitische Religionsgesellschaft, die islamische Glaubensgemeinschaft, die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage (Mormonen), die koptisch-orthodoxe Kirche, die neuapostolische Kirche, die österreichische buddhistische Religionsgesellschaft und die syrisch-orthodoxe Kirche.
Mit dem Orthodoxengesetz sind zudem die bulgarisch-orthodoxe, die griechisch-orthodoxe, die rumänisch-orthodoxe, die russisch-orthodoxe und die serbisch-orthodoxe Kirchengemeinde anerkannt. Auf dem ersten gemeinsamen Webauftritt der Religionsgemeinschaften finden sich weiters Materialien und Links sowie ein Frage-Antwort-Katalog.
Meinungsaustausch intensivieren
Die am 25. Mai 2012 konstituierte Plattform der Kirchen und Religionsgesellschaft setzte sich nach eigenen Angaben zum Ziel, den Meinungsaustausch über jene politischen und rechtlichen Entwicklungen zu intensivieren, von denen alle Religionsgemeinschaften vor allem hinsichtlich ihrer öffentlich-rechtlichen Stellung in Österreich betroffen sind. Neben Fragen der Ausgestaltung der Religionsfreiheit soll es bei den Gesprächen auch um den Beitrag der Kirchen und Religionsgesellschaften für das Zusammenleben in Österreich gehen, hieß es in der betreffenden Presseerklärung.
Eine erste Bewährungsprobe für die Plattform war die im Juli des Vorjahres aufgebrochene Beschneidungsdebatte. Im Rahmen einer gemeinsamen Pressekonferenz forderten damals die israelitische und die muslimische Glaubensgemeinschaft sowie die evangelische und die katholische Kirche ein klares Wort der Bundesregierung und betonten das Recht auf Religionsfreiheit.
Zum Artikel: religion.orf.at