Der Bayer Daniel Bühling wollte Priester werden. Seine Eindrücke aus dem Inneren der Katholischen Kirche allerdings, haben dazu geführt, dass er – statt unter die Soutane – unter die Autoren gegangen ist, und über die Kirche schreibt. Denn das, was er im Priesterseminar erlebte, entsprach nicht seinen Vorstellungen von der „guten“ Kirche.
Das katholische Priesteramt ist für die meisten jungen Männer von heute nur wenig attraktiv, in Deutschland wurden 2012 nur 79 Männer zu Priestern geweiht. In Österreich waren es 29. 2013 gab es in Österreich bisher 23 Priesterweihen. Die Gründe dafür, dass sich kaum jemand dafür begeistern kann, der Welt den Rücken zu kehren und zölibatär in die Dienste des Herrn und dessen Kirche zu treten, sind nicht nur außerhalb, sondern auch innerhalb der Kirche zu finden.
Daniel Bühling beschreibt in „Das 11. Gebot – Du sollst nicht darüber sprechen“, den Alltag im Priesterseminar als weltfremde Parallelwelt. Immerhin acht Jahre lang, hat er diese Welt als Student an Priesterseminaren in Augsburg, München und Trier erlebt.
Vereinsamung, ein gestörtes Verhältnis zur eigenen Sexualität, blühenden Karrierismus, sexuelle Übergriffe, Alkoholexzesse, das alles beschreibt er ebenso wie den überraschend komfortablen und verschwenderischen Lebensstil von Bischöfen, denen er während seiner Zeit im Priesterseminar begegnete.
Am Ende hatte er genug von der Doppelmoral der Katholischen Kirche, die er für seinen Glauben nicht braucht. Er arbeitet heute als freier Theologe und verzichtet auf das Priester-Label.
Priestermangel? Wem mangelt es an Priestern?
Der Einblick, den er gewährt, macht das Priesteramt für den potenziellen Nachwuchs sicher nicht attraktiver. Schon heute werden Priesterseminare fusioniert, leerstehende Zimmer werden an andere Studierende vermietet.
Um die bestehenden Strukturen aufrecht zu erhalten, bräuchte die Kirche deutlich mehr Nachwuchs, als sie aktuell finden kann.
Der Wiener Kardinal Christoph Schönborn beschönigte zwar zu Ostern 2006, die Kirche brauche garnicht viele, sondern gute Pfarrer, doch insgeheim wird die Kirche es bedauern, dass der Beruf des Pfarrers zu den aussterbenen Berufen gehört.
Es ist allerdings auch nicht so, als würde der Bedarf an Pfarrern noch so groß sein, wie etwa in den 1970er Jahren, als in Österreich jährlich noch um die 70 Weihungen stattfanden. Denn auch die Zahl der Gläubigen bzw. der Kirchenmitglieder nimmt rapide ab.
Ihr massives Nachwuchsproblem ist der Kirche natürlich nicht verborgen geblieben. Die Deutsche Bischofskonferenz etwa, veröffentlichte 2012 die Studie „Zur Lage des wissenschaftlichen Nachwuchses in der katholischen Theologie“. Darin heisst es, „dass die Lage des wissenschaftlichen Nachwuches in der Katholischen Theologie – ungeachtet aller notwendigen Differenzierungen im Einzelnen – insgesamt schwierig ist.“ Jeder andere Berufsstand würde wohl ähnlichen Nachwuchsmangel als desaströs bezeichnen.
Das Buch von Daniel Bühling zeigt einmal mehr, dass die Nachwuchsprobleme der Kirche hausgemacht sind.
Letztlich entsprechen sie dem sinkenden gesellschaftlichen Bedürfnis nach einer kirchlichen Seelsorge durch Männer, deren Lebensrealität mit dem Alltag der meisten Menschen rein garnichts zu tun hat, und die Skandale am laufenden Band produziert.
Es stellt sich die Frage, wie lange man überhaupt noch von einem „Priestermangel“ sprechen kann.
Daniel Bühling: „Das 11. Gebot: Du sollst nicht darüber sprechen. Dunkle Wahrheiten über das Priesterseminar“
Riva-Verlag. München 2013
224 Seiten, 19,99 Euro