1. Das Konkordat entstand zu Zeiten des Austrofaschismus und billigte dem Vatikanstaat umfangreiche Sonderrechte und Subventionen zu. Während die meisten gesetzlichen Regelungen aus dieser Zeit heute abgeschafft wurden, ist dieser Anachronismus noch immer aufrecht. Sind Sie für Kündigung des Konkordats im Interesse der österreichischen SteuerzahlerInnen?
Nein. Die Verträge zwischen der Republik Österreich und dem Heiligen Stuhl stammen nicht aus der Zeit des sogenannten Austrofaschismus.
Die Fertigstellung der Verhandlungen über die Artikel des Konkordates vom 6. Juni 1933 hat zwischen 1929 und 1932 statt¬ge¬funden, also in der Zeit der Ersten Republik, im Rahmen der Verfassung und unter Mitwirkung des Parlaments. Diese historische Sicht wurde seitens der Republik Österreich auch 1960 in der Zweiten Republik anerkannt. Der Vermögensvertrag 1960 und der Schulvertrag 1962, die weite Teile des Konkordates ersetzten, wurden durch die Republik Österreich unter Beachtung aller verfassungsrechtlichen Erfordernisse beschlossen.
Zahlreiche andere Religionsgemeinschaften haben die gleichen Rechte wie die katholische Kirche, insbesondere die Evangelische Kirche, die Israelitische Glaubensgemeinschaft und der Islam. Diese Rechtsstellungen wurden im Jahr 2012 im Rahmen einer Novelle des Israelitengesetzes neuerlich durch das Parlament mit Zustimmung aller Parteien außer der FPÖ bestätigt.
2. Jährlich profitieren die anerkannten Religionsgemeinschaften von Subventionen und Begünstigungen in der Höhe von 3,8 Mrd. EUR auf Kosten der österreichischen SteuerzahlerInnen. Sind Sie in dieser fiskalisch schwierigen Zeit für eine Einschränkung von Subventionen bzw. Steuerbefreiungen für Religionsgemeinschaften? Wenn ja: An welche denken Sie dabei?
Nein. Die behauptete Höhe von Subventionen und Vergünstigungen ist nicht nachvollziehbar.
3. Aufgrund der vielen Meldungen und Gespräche unserer unabhängigen Hotline für Betroffene kirchlicher Gewalt schätzen wir, dass tausende Personen Opfer von sexueller, physischer und psychischer Gewalt durch Kirchenangehörige wurden. Die meisten Betroffenen und deren Umfeld leiden lebenslang an den Folgen. Die sogenannte Klasnic-Kommission, die zur Aufklärung und Entschädigung eingesetzt wurde, ist keinesfalls unabhängig. Das hat jetzt ein Bescheid der Datenschutzkommission gezeigt, wonach diese Kommission organisatorischer Teil der Erzdiözese Wien ist (www.betroffen.at/archives/963). Sind Sie für eine staatliche und unabhängige Aufklärung der kirchlichen Missbrauchs- und Vertuschungsverbrechen?
Es ist das Recht jeden Bürgers ihm zur Kenntnis gelangende strafbare Sachverhalte an die zuständigen Behörden heranzutragen, womit eine staatliche und unabhängige Aufklärung von Straftaten generell gewährleistet wird. Dieses Recht wird durch die Arbeit der unabhängigen Opferschutzanwaltschaft nicht beeinträchtigt.
4. Derzeit werden im ORF rund 21 Religions-Formate mit einer gesamten Sendezeit von mehr als 1000 Stunden kostenlos ausgestrahlt. Außerdem sind Vertreter von Religionsgemeinschaften im ORF Stiftungs- und Publikumsrat. Sind Sie für eine Reduzierung des Religionsberichterstattung im ORF und eine Reduzierung des Einflusses der Religions-Gemeinschaften auf den ORF? Und wenn ja: in welchem Ausmaß?
Die konkrete Art und Weise wie der ORF seinen gesetzlichen Programmauftrag erfüllt ist Sache der Gremien des ORF und es sollte hier auf jede politische Einflussnahme im Interesse eines guten Funktionierens der „4.Gewalt“ verzichtet werden.
5. Bei der rituellen Beschneidung wird Buben die hocherogene Vorhaut amputiert, was vielfach negative Auswirkungen auf das spätere Lustempfinden (auch das der PartnerInnen) haben kann. Dies stellt mitunter ein schweres Kindheitstrauma dar. Eine aktuelle Umfrage zeigte, dass 55 Prozent der ÖsterreicherInnen die Beschneidung ablehnt und Beschneidung bestraft wissen will. Zwei Drittel der ÖsterreicherInnen verlangen ein Schutzalter von 16 Jahren. Sind Sie auch für die Einführung eines Schutzalters, vergleichbar dem Schönheits-OP-Gesetz.
Die Beschneidungsfrage ist nicht Gegenstand des Volksbegehrens.
Josef Galley,
Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur