Klosterschülerin im Erziehungsheim sexuell misshandelt, verprügelt, geschwängert und zur Adoptionsfreigabe gezwungen. Kardinal Schönborn schützte den Täter – er ist bis heute in kirchlicher Jugendarbeit in Wien aktiv. Schlimmer Verdacht: Wurden Schülerinnen ohne deren Wissen Eizellen entnommen?
(Hollabrunn, Wien, 4.5.18) Clara (Name geändert) wurde schon als Kind sexualisierte Gewalt angetan. In Bulgarien geboren und von ihrem Stiefvater jahrelang misshandelt, flüchtete sie mit ihrer Mutter nach Österreich. Mit 13 kam sie nach längerem Martyrium ins Schwesternkloster Hollabrunn. Clara konnte kein Deutsch, aber alle wussten bald, dass sie sexuelle Gewalt erlitten hatte. Sie galt als Freiwild und musste –nach ihren Angaben- dem dortigen Kaplan V. sexuell zu Diensten sein. Schon bei der ersten Beichte soll er übergriffig geworden sein, erinnert sich Clara: „Der Kaplan sagte mir, dass Gott mir meine Kindersünden nur vergibt, wenn ich ihn im Beichtstuhl oral befriedige.“ So ging es dann unter Drohungen und Einschüchterungen jahrelang weiter.
Gynäkologische Experimente mit Minderjährigen?
Viel Sonderbares passierte in diesem Kloster: Alle jungen Mädchen mussten monatlich zur frauenärztlichen Untersuchung, „es war sehr schmerzhaft“, erinnert sich Clara. „Wir brauchen eure Eier, auch andere Frauen möchten schwanger werden“, soll der Gynäkologe gesagt haben. Der Verdacht liegt nahe, dass den Mädchen Eizellen entnommen wurden, denn sie mussten im Kloster dann täglich unter Aufsicht einer Klosterschwester Tabletten schlucken, wahrscheinlich Hormone. „Ihr sollt weiter fruchtbar sein“, sagte man zu ihnen. Ahnungslose Klosterschülerinnen als Versuchskaninchen oder Eizellenspenderinnen also? Der Umstand, dass sie dann Zwillinge gebar und später auch eine Eileiter-Schwangerschaft mit Drillingen (Anm: auch hier soll nach ihren Angaben der Priester wieder der Vater gewesen sein) hatte, sei ein starker Hinweis auf hormonelle Stimulation, erklärt dazu der Gynäkologe DDr. Christian Fiala.
Hochschwanger verprügelt
Mit 17 stellte sich bei einer dieser monatlichen frauenärztlichen Untersuchungen heraus, dass Clara mit Zwillingen schwanger war. Danach schlug sie Nonne G. angeblich so lange, bis die Fruchtblase platzte. „Sie wollten, dass ich eine Totgeburt erleide“, glaubt Clara. Klosterschwester G. habe zu ihr gesagt, es sei besser wenn die Kinder sterben, sonst bringe es dem Kloster nur Schaden. Wobei ein Abbruch ebenfalls verboten war. Clara erlitt eine Frühgeburt, aber ihre beiden Mädchen (Geburtsgewicht 2090 g) überlebten. Unter dem Druck des Klosterheimes wurde der Kaplan vom Jugendamt befragt und gab die Vaterschaft zu. Ein von ihm unterschriebenes Dokument liegt vor. „Beruf: Priester, Adresse: Pfarrhof“ steht auf dieser amtlichen Vaterschaftsanerkennung.
Zwtl: Unterstütze Schönborn erzwungene Adoptionsfreigabe?
In dieser Krisensituation ging eine Schwester mit Clara zu Kardinal Schönborn. Dieser sagte angeblich, das Mädchen sei „selbst schuld, da sie den Kaplan verführt hat“. Statt sie zu unterstützen, vergrößerte er die Not: Clara fand sich in einer kleinen Wohnung mit ihren Zwillingen wieder, man brachte ihr ein wenig Essen zum Überleben und drängte sie, ihre Mädchen zur Adoption freizugeben. Weit besser erging es dem Kindesvater: Schönborn versetzte den Kaplan von Hollabrunn in den Süden Niederösterreichs, wo er eine eigene Pfarre erhielt. Für seine Töchter kam er nicht auf.
Einbürgerung im Eilverfahren
Unter dem Druck des Jugendamtes stimmte Clara schließlich der Adoption zu. Im Schnellverfahren wurde ihr dann mit den Zwillingen von der niederösterreichischen Landesregierung die Staatsbürgerschaft gebührenfrei verliehen – ohne dass Clara jemals einen solchen Antrag gestellt hatte. So beschleunigte sich das Adoptionsverfahren und Kirche sowie Priestervater entledigten sich der Unterhaltspflicht für Mutter und Kinder.
Clara wollte Mama sein
Clara kämpfte in den nächsten Jahren um ihre Kinder, sie wollte sie zurück. Man riet ihr, zu heiraten, so habe ihr Antrag mehr Erfolgschancen. Clara schloss eine übereilte Ehe, doch die Kindesrückgabe wurde ihr trotzdem verwehrt: laut Behörde war dann schon zu viel Zeit vergangen. Fotos ihrer Mädchen, um die sie wiederholt gebeten hatte, wurden ihr erst acht Jahre später ausgehändigt – angeblich, weil Claras Adresse unbekannt war. Heute ist sie 41, hat einen Selbstmordversuch hinter sich, war in psychiatrischer Betreuung und erhält eine Invaliditätsrente.
Schandtaten des Klerus mit Billigung von Behörden und Justiz
Sepp Rothwangl, Obmann der Plattform Betroffener kirchlicher Gewalt, an die sich Clara wandte und die den Fall nun an die Öffentlichkeit bringt, ist empört: „Laufend kommen Schandtaten des Klerus ans Licht. Es ist, als hätte eine perverse Sekte Zugriff auf die Schwächsten unserer Gesellschaft. Staat, Behörden sowie Justiz schauen zu und helfen beim Vertuschen.“ Einmal mehr fordert Rothwangl eine unabhängige Kommission zur Aufklärung der katholischen Missbrauchsverbrechen.
Und was wurde aus dem Täter, dem Vater der Zwillinge? Vladimir H. war in Niederösterreich bis 2016 Priester, nun ist er in einer Wiener Pfarre für multikulturelle Jugendarbeit zuständig.
Für den Inhalt verantwortlich: Plattform Betroffener Kirchlicher Gewalt
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